Mein erster Diamant

23.08.2009 – Bisher bin ich immer nach dem Motto geflogen: erstmal hoch und oben bleiben, wenn ein paar Kilometer dabei raus kommen, ist es schön. Entsprechend „zielstrebig“ hat sich meine Streckenfliegerei gestaltet. Doch heute habe ich sowohl einen Auftrag als auch einen Begleiter. Christoph Spank, ein sächsischer D-Kader, soll mich in seiner DG 100 um ein 300-km-Dreieck „scheuchen“ – Klix-Reinsdorf-Eisenhüttentadt und zurück hat Trainer Ingo für uns ausgeschrieben.

Wir haben uns schon oft und lange genug unterhalten, so dass er um meine selbst gemachten Schranken im Kopf weiß und damit umgehen kann. Und ich weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann. Trotzdem nimmt mir diese Gewissheit nicht die Nervosität. Wir verständigen uns noch über meine „Schmerzgrenze“ bezüglich der Höhe, in der ich auf jeden Fall in die Thermik einkreisen würde (so da gerade welche ist) und dann geht es los. Wir finden uns, steigen auf 1000 m und fliegen ab. Und fliegen und fliegen und sind schon nach wenigen Kilometern an meiner Schmerzgrenze – natürlich ohne Thermik zu haben. Aber Christoph ist die Ruhe selbst (und ich trau mich nicht zu jammern), findet ein knappes Meterchen, in dem wir erstmal parken. Als das immer weniger wird, sehen wir nördlich von uns über Hoyerswerda jemanden kreisen. Es ist ein Pilot aus unserem Verein, der uns bestätigt, dass es da besser geht. Also hin und hinein in den Bart. Der ist zum Glück stark genug, denn ich stelle mich an wie ein Anfänger – krieg den Kreis nicht rund, kann die Fahrt nicht halten usw. Als wir oben sind, hat sich eine schöne Wolkenstraße gebildet, die uns bis Schwarzheide trägt. Wir biegen nach Norden ab und springen über den Lausitzring Richtung Holzdorf. Die Steigwerte sind jetzt so, dass wir die 4m/s einfach im Geradeausflug mitnehmen und schon liegt Reinsdorf vor uns. Über Funk gibt es von Christoph noch ein wenig Regelkunde, damit die Umrundung auch korrekt erfolgt. Weiter geht es südlich Berlin, auf dem Weg zur Cargolifter-Halle (jetzt Tropical Island) treffen wir die DG 1000 unseres Vereins. Als uns Ingo von Klix aus fragt, wie es denn läuft, schaue ich das erste Mal zur Uhr. 13 Uhr und die Hälfte der Strecke geschafft! Wow! Euphorie macht sich breit. Christoph schlägt vor, die Strecke ein kleines Stück nach Polen auszudehnen. Hm, da war ich noch nie. Na gut, erstmal nach Eisenhüttenstadt und dort dann weiter entscheiden. Es läuft super, selbst die gefürchtete Ecke am Schwielochsee war heute kein Problem. Wenig später liegt Eisenhüttenstadt unter uns, wir fliegen genau durch den Sektor und weiter nach Polen. Inzwischen bin ich etwas mutiger geworden und fliege vor, finde einen schönen 2,5m-Bart und kreise ein. Christoph kommt, macht einen Testkreis und fliegt weiter. Ein Stück weiter hinten ruft er mich – knapp 5m! Ich juble! Christophs trockener Kommentar: „Willkommen in Polen, das ist hier jedes Wochenende so!“ Ein Stückchen fliegen wir weiter, dann biegen wir nach Süden Richtung Heimat ab. Alle drei „Haus“-Kraftwerke dabei auf der rechten Seite zu haben ist eine Perspektive, an die man sich erst gewöhnen muss. Als wir nur noch wenige Kilometer von Klix weg sind schlägt Christoph noch eine Verlängerung entweder Richtung Pirna oder Görlitz vor. Jetzt kneife ich, will mein unfassbares Glück nicht über die Maßen strapazieren und erinnere mich an Ingos mahnende Worte: „Erst das Dreieck schließen, dann verlängern!“ Also direkt über den Flugplatz bis der Logger piept, dann nochmal Richtung Görlitz. Aber nach wenigen Kilometern wird es blau. Nun merke ich auch, dass der Flug trotz der traumhaften Steigwerte anstrengend war. 400 km stehen auf dem PDA, das reicht mir völlig, um mit der Erinnerung daran über den Winter zu kommen. Ich sage Christoph bescheid und kehre um. Nach der Landung hätte ich die ganze Welt umarmen können! Eine Strecke ausgeschrieben und umrundet!

Christoph hätte ohne mich aus diesem Tag sicher wesentlich mehr machen können, war mir aber die beste moralische und tatkräftige Hilfe, die man sich denken kann.

Danke Christoph!

Leben mit dem „Schleicher-Virus“ – Geschichte einer „Infektion“    

Seit 1988 bin ich mehr oder weniger heftig dem Segelflugvirus verfallen. Seit ich meinen lieben Mann kenne, weiß ich, dass es noch einen weiteren, Segelflieger gefährdenden Virus gibt: den Schleicher-Virus. Immer, wenn Fliegerkameraden über ihre Typenerfahrungen berichten und irgendwann darauf kommen, dass sie sich in der ASx sowieso am wohlsten gefühlt haben, wusste ich, dass Ingo darauf antworten würde: „Tja, das ist eben Schleicher!“ So langsam nervte mich der Spruch, konnte ich ihn doch nicht so recht nachvollziehen. In der ASK13 habe ich – polnische Flugzeuge gewöhnt - mich nicht so wohl gefühlt, ganz zu schweigen von der Ka7. Und an Ingos schöne ASW17 traue ich mich nicht so recht ran, weil mein letzter Alleinflug mit einem Wölbklappenflugzeug (Jantar 1) schon 15 Jahre her und mein Trainingszustand nicht der beste ist.

Aber seit Ostern 2007 hat mich der Schleicher-Virus auch befallen. Hinter meinem Rücken von Ingo geplant, vorbereitet und gnadenlos durchgezogen.

Eines Tages rief ein Fliegerkumpel an und fragte entsetzt, ob Ingo seine geliebte „K8“ (äh-ASW17 mit Wettbewerbskennzeichen K8) verkaufen will. In den Kleinanzeigen von segelflug.de stünde, dass er eine ASW24 sucht! Aha! Es sollten also vollendete Tatsachen geschaffen werden!! Wochen zuvor hatten wir uns mal so ganz nebenbei unterhalten, dass die 24 wohl ein schönes Flugzeug sei, was völlig zu Unrecht einen schlechten Ruf hat. Das erzählte ich dem Kumpel, und dass das wohl eine Überraschung für mich werden sollte.

Nach ein wenig Preisrecherche, Überdenkens der Folgekosten und allgemeinen Überlegungen (so´n Flugzeug ist ja nun mal kein Stück Butter), wurde es ernst. Drei Angebote kamen in die engere Wahl. Das erste fiel wegen überzogener Preisvorstellungen weg. Das zweite wegen nicht angegebener Schäden und allgemein schlechtem Zustand (zum Glück ist die „Fliegerfamilie“ groß und man erfährt solche Sachen, bevor man sich auf den weiten Weg macht) und dafür auch zu hohem Preis. Blieb Nummer 3. Ein paar E-Mails und Telefonate später stand fest, dass wir einen Osterausflug nach Hessen machen.

Dort angekommen standen wir uns mit gemischten Gefühlen gegenüber. Nach etwas Zeit des „Beschnupperns“ ging es dann auf den Flugplatz. Probeaufrüsten, rundherum anschauen und dann endlich – REINSETZEN. Wir mochten uns von Anfang an – das Flugzeug und ich. Alles befand sich da, wo es hingehört und in Reichweite, ohne sich anstrengen zu müssen. Die Sitzposition war richtig gemütlich. Der hohe Kabinenrand – von vielen verpönt, von langjährigen Pirat-Fliegern gewöhnt – gab mir ein Gefühl von Geborgenheit, ohne die Sicht einzuschränken. Das Fahrwerk ließ sich mit geringem Kraftaufwand aus- und einfahren (wichtig für eine Frau!!!). Mir kam ein Grinsen aufs Gesicht, das nicht gleich wieder weg ging. Am liebsten wäre ich drin sitzen geblieben. Der Virus hatte schon zugeschlagen, bevor ich überhaupt geflogen war! Aber da war ja noch der geschäftliche Teil zu erledigen. Zuvor blickte mir Ingo noch mal tiiiief in die Augen („Sollen wir es wirklich tun? Willst du wirklich?“). Blöde Frage! Wenn es so toll fliegt, wie es sich am Boden anfühlt… Aber so recht glauben konnte ich nicht, dass ich gleich ein eigenes und noch so ein schönes Flugzeug haben sollte. Der „Papierkram“ wurde noch auf dem Flugplatz erledigt. Ein letztes Mal wurde die „50“ an den Audi der Vorbesitzer gehängt. Ein wenig Trennungsschmerz kam auf, als wenig später unser Auto vor den Anhänger rollte. Dann nahmen wir Abschied und fuhren nach Hause.

5 Wochen später nach einigen Schwierigkeiten mit dem Ummelden meines neuen Schätzchens konnte ich endlich fliegen. Es war einfach traumhaft. Im F-Schlepp ging es auf 800 m. Ich hatte das Gefühl, das Flugzeug tut alles allein. Nach knapp 3 Stunden Flugzeit hatte ich wieder dieses unauslöschliche Grinsen im Gesicht. Ingo holte mich nach der Landung ab und fragte: „Na, sollen wir sie wieder verkaufen?“ „Neiiiiiiiiin, die geb’ ich nicht mehr her!!“

Inzwischen sind mir einige schöne Flüge gelungen und dabei bin ich jedesmal ohne Schmerzen im Rücken oder tiefer, dafür immer mit glücklichem Lächeln ausgestiegen. Fliegen macht wieder richtig Spaß. Um es mit Ingo zu sagen: Tja, das ist eben Schleicher!

P.S.: Ich versichere hiermit, keinerlei Honorar oder Vergünstigungen für diesen Bericht erhalten zu haben. Es sind meine eigenen Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke. :-))

Bisher geflogene Muster:

Bocian
Pirat
Puchacz
Jantar1 (19m)
Foka5
ASK13
Ka7
Twin Astir
Janus
ASH25
Nimbus3 DM
DG300
DG500 (20 Meter-Version)
DG1000
ASW24

Simone Trentelj (2008)

Simone vor dem Start mit der 50 in Klix

ASW24 wl3.0 beim Anflug in Zielona Gora 2010